Der Krankensaal

Für alle, die Krank oder Verletzt sind wohl vorübergehend ein Zuhause. Hier stehen sie unter Beobachtung der Ärzte. Hier findet auch der praktische Unterricht der Sanitätsausbildung und ein Teil der Erste Hilfe Ausbildung statt, das meiste wird jedoch draußen im 'Feld' geprobt.

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"Also, die stabile Seitenlage geht folgendermaßen", sagte Syrene. "Man legt die betreffende Person auf die Seite - wie der name schon sagt - und streckt die Arme so." Syrene machte es vor. "Sie dient dafür, dass die Person weder ersticken noch die eigene Zunge verschlucken kann." Sie sah zu dem Hologramm von Serena. "Richtig?"

Serena nickte. "Durch die Stabile Seitenlage wird sichergestellt, dass die Atemwege freigehalten werden und Erbrochenes, Blut etc. ablaufen kann - der Mund des Betroffenen wird zum tiefsten Punkt des Körpers. Der Betroffene wird so vor dem Ersticken bewahrt." bestätigte sie. "Meistens wird sie verwendet, wenn der Patient im Magenbereich verletzt wurde und Blut oder Magenflüssigkeit durch die Speiseröhre aufsteigt. Wenn das nicht ausreicht, müssen wir jedoch zum nächsten Schritt übergehen, um den Patienten vor dem Erstickungstod zu bewahren: Dem Kehlschnitt." Serenas Hologramm verschwand und an ihrer statt trat eine Art 3D-Video des Kehlschnitts.

Syrene sah dem Video zu. Ohne Zweifel war es nützlich, aber sie war schon etwas angeekelt. Aber wann hätte sie das schon einmal interessiert, wenn es etwas zu lernen gab? nie. Auch wenn Syrene nie eine Waffe dabei hatte. was sollte sie auch damit? Aber irgendetwas würde sie im Notfall schon finden. Und gegen ein messer als Hilfswerkzeug konnte man eigentlich auch nichts sagen... Syrene holte ein Notizbuch hervor und schrieb etwas auf.

Serena spielte das Video bis zum Ende ab. Nachdem das erledigt war, klappte ein Werkzeugkasten unter dem Tisch hervor und öffnete sich mit einem Klicken. "Kannst du das nach dem ersten Mal schon korrekt wiederholen?" fragte sie Syrene und deutete auf das Skalpell. Das war auch der Grund, warum sie an Puppen übten, damit man auch so Dinge wie den Kehlschnitt durchführen konnte. Anders als im Feld spritze hier allerdings auch kein Blut und die Werkzeuge blieben dadurch auch sauber.

"Ich wüsste nicht, was es für Probleme geben sollte", meinte Syrene lächelnd. Sie nahm das Skalpell, schloss kurz die Augen und ließ das Video Revue passieren. Dann ging sie zu der Puppe herüber, setze das Skalpell exat am richtigen Ort an und schnitt ein paar Zentimeter der Stoffhaut auf. Eigentlich müsste alles richtig sein. Wenn das Video stimmte. Und Syrene richtig aufgepasst hatte. Das hatte sie aber auf jeden Fall.

Gut, das schien sie verstanden zu haben. "Nun, dann gibt es wohl noch einen Punkt. Nachdem der Kehlschnitt korrekt durchgeführt wurde, sollte der Patient wieder in der Lage sein zu Atmen. Jetzt gilt es, seine inneren Blutungen zu stoppen. Wenn diese nicht von außen erreichbar sind, musst du Bioschaum verwenden." Aus dem kasten klappte eine Dose hervor. Am Oberen Ende war ein langer Schlauch, der sich einfach entfernen lies, um sowohl innere als auch äußere Wunden damit vorrübergehend zu flicken, gleichzeitig zu desinfizieren und sauber zu halten.

Syrene nickte. Sie nahm den Schlauch, dann steckte sie ihn in die Öffnung im Magen und leitete den Schaum in die Wunde. Einen moment lang wartete sie, dann zog Syrene den Schlauch wieder heraus. Die Wunde schien halbwegs versiegelt, ob es auch richtig war, konnte Syrene nicht erkennen. Schließlich war die Puppe sowieso nicht in der Lage zu atmen...

"Der Ansatz ist richtig." erklärte Serena. "Allerdings siehst du das Ausmaß der Wunde nicht. Bei einer Wunde im Magen ist es besser, lieber die ganze Dose zu nehmen, als zu wenig. Am Ende kommt wider Blut oder Erbrochenes hoch und das ganze Spiel beginnt von vorne. Bioschaum ist in der Lage, das zu verhindern, solange genug davon vorhanden ist." erklärte sie. "Der Bioschaum wird vom Körper umgehend abgebaut und überträgt seine Wirkstoffe in das Blut, so das der Heilungsprozess sofort beginnt. Theoretisch könnten wir ihm das Zeug auch einfach in die Nase sprühen, aber das würde erstens zu lange dauern und zweitens erfüllt das nicht ganz den eigentlichen Zweck des Schaums."

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Fluchend wurde Thalis wieder einmal von zwei Leuten hereingetragen. Zu Serena sagten sie nur, das es dasselbe wie immer sei: Irgendwas gebrochen, weil er auf einen Baum geklettert ist und dann gefallen. Thalis machte das immer, sobald er auskuriert war. Er war praktisch ein Dauergast hier im Krankensaal. Die Prozedur kannte er auch schon. Man jagte ihm 1-2 Spritzen rein, einmal zum betäuben und manchmal eine, um ihn zu beruhigen. Dann taten die da ihre Arbeit, er lag ein paar Tage umher und brach sich das nächste Körperteil, wenn er wieder heile war. "Dieser Junge braucht wirklich jemanden, der auf ihn aufpasst." seufzte eine der beiden, die ihn mittlerweile aufs Bett gelegt hatten. Das Mädchen, das da übte, beachtete Thalis nicht. Wieso auch? Wahrscheinlich war das auch so eine, die ihn immer fertig machte...

Syrene nickte. Gut, sie hatte einen Fehler gemacht, aber sie war schließlich zum Lernen hier. Sie holte ihr Notizbuch heraus und kritzelte schnell etwas herein. Dann bemerkte sie den Jungen. Er war ihr früher schon aufgefallen, er war einfach so anders... "Ich denke, das genügt für heute. Danke", sagte Syrene und wandte sich von Serena ab, ging zu dem jungen herüber. "Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte sie sanft. Syrene hatte keine Vorurteile. Wenn er anders war, war das eben so. Sie verbrachte schließlich auch ihre ganze Zeit mit lernen...

Serena wechselte von einem Holotisch zum anderen. Sie seufzte hörbar und stütze ihre Stirn mit der Hand ab. Thalis war mindestens jeden zweiten Tag hier, weil er sich irgendetwas gebrochen hatte. Wenn dieser Affe nicht bald begriff, das es auf den Bäumen hier keine Bananen gab, dann konnte nicht mal mehr Serena die Knochen wieder zusammenflicken. Ohne auf Syrenes Worte zu achten, klappten zwei Maschinenarme mit Spritzen heran und sie spritzte ihm das Zeug. Langsam musste er sich schon daran gewöhnt haben. Er hatte ja immerhin Glück, das die Medizin so weit war, selbst die schwereren Brüche ohne irgendetwas zu hinterlassen flicken konnte.

Erst, als das Mädchen ihn ansprach, sah er sie an. Sie klang... anders. Freundlich. Nicht so, wie die ganzen anderen Leute hier. Da es mal wieder eine Beruhigungsspritze für ihn gab, konnte er nicht mal antworten. Nope, er nickte weg. Das war störend. Wollte man mal antworten, konnte man es nicht. Ruhig lag er da und schlummerte unfreiwillig vor sich hin, während sein Bein langsam wieder verheilte. Sobald das wieder ganz war, würde er sich eh wieder zu dem Baum wagen. Er wollte endlich die Spitze erreichen! Das war einer der höchsten Bäume, die hier an der Akademie standen. Und er würde nicht aufhören, sich was zu brechen, bis er da oben war.

"Ich sollte ihm die Beine abnehmen, damit er endlich mit diesem Mist aufhört." murmelte Serena. Ihre Geräte waren gerade dabei, den Knochen freizulegen und ihn wieder zu flicken. Das ganze war vielleicht nicht gerade schön anzusehen, aber durch die präzisen Maschinen gab es kaum Blut und hinterher würde alles wieder wie neu aussehen. Als der Knochen wieder zusammengeflickt war, verschloss sie die Wunde mit Bioschaum und wartete, bis dieser eingezogen war. Sie nähte die Öffnung geschickt zu und der Bioschaum baute die Fäden innerhalb von zwei Minuten ab. Damit war es getan. "In zehn Minuten wacht er wieder auf." murmelte Serena zu Syrene. Dann verschwand ihr Abbild auf dem Holotisch.

Zehn Minuten also... So lange konnte Syrene warten. Sie setzte sich auf einen Stuhl am Bett und betrachtete den Jungen. Er war deutlich jünger als sie, und er sah etwas seltsam aus... Solange er schlief, konnte Syrene ihn wenigstens ausgiebig betrachten. Das merkte er wenigstens nicht... Er wirkte schon komisch.

Nach etwa zehn Minuten wachte Thalis dann wieder auf. Leicht benommen rieb er sich den Kopf, während er sich aufrichtete. Manchmal hatte er nach so einer Behandlung etwas Kopfschmerzen. Gehörte mit zur Routine allmählich. An das Mädchen dachte er im Moment nicht. Im Sichtfeld von ihm war sie ja gerade nicht. Kurz massierte er sich die Schläfen, wobei man leicht die Metallteile seiner Klauen zu sehen waren. Die Halterung. Weiter versteckt war noch eine Art Gehäuse, wo die Krallen direkt drinne waren. Er durfte sie die ganze Zeit tragen, hatte aber versprechen müssen, niemanden anzugreifen. Wie schade...

"Thalis, wenn das nicht bald aufhört, werde ich dir jemanden mitschicken müssen, der dich davon abhält, auf Bäume zu klettern." seufzte Serena. Sie war wieder auf dem kleinen Tisch neben Thalis erschienen. Sie bemerkte zwar, das Syrene immer noch hier stand, allerdings sah sie auch keinen Grund, warum sie sie wegschicken sollte. Trotzdem schien Thalis sie gar nicht bemerkt zu haben. "Nun, wir klären das später." fügte sie dann hinzu, "wie es aussieht, hast du Besuch." Ihr Abbild verschwand wieder und sie lies Syrene allein mit Thalis.

"Geht es dir wieder besser?", fragte Syrene leicht besorgt. Irgendwie wirkte er auf sie ein wenig benommen... Syrene hatte sowieso genug für heute getan, da konnte sie sich auch ein wenig mit diesem Jungen unterhalten. Irgendetwas Metallisches glitzerte an seinen Händen auf, aber Syrene ignorierte es. Solange er es ihr nicht zeigen wollte, hielt sie sich zurück. Und wenn er allein sein wollte, würde sie auch gehen. Syrene hatte ihn manchmal schon gesehen. Er war oft alleine gewesen. Und wurde von anderen Leuten höchstens drangsaliert...

Irritiert sah er zu Serena, welche dann schon weg war. Er hatte Besuch? ER?! Glaubte er nicht. Bis Syrene ihn ansprach. War das nicht das Mädchen, was kurz vor seiner Behandlung noch dagewesen war? Keine Ahnung... Er konnte sich nicht daran erinnern. Naja, eher wage. "So gut, wie es einem Wolfsjungen, der sich eben das Bein - mal wieder - gebrochen hat, gehen kann..." antwortete er ihr leicht zögerlich. Jap, er sah sich selber auch etwas als Wolfsjungen. Zumindest durch seine Kampfart und die Art, wie er gefunden wurde: Im Kampf mit einem Wolf...

Syrene lächelte. Wieder musterte sie ihn neugierig. "Du siehst gar nicht aus wie ein Wolf...", meinte sie. Er war etwas ängstlich... na ja, nach dem, was Syrene über ihn wusste, hatte er nicht viel Kontakt mit anderen Menschen. "Ich bin Syrene", sagte sie dann. "Und du bist...?" Un er brach sich anscheinend oft die Beine - oder das Bein. Das hatte einen gewissen Witz... gehen und gebrochenes Bein. Aber Syrene sprach es nicht aus, grinste nur kurz.

Natürlich sah er nicht aus wie ein Wolf! Sollte er etwas Wolfsohren und eine Wolfschnauze haben?... Wobei das wohl ziemlich lustig wäre. Thalis bemerkte ihr Grinsen. Was war für sie denn jetzt so lustig? "...Thalis." beendete er schließlich ihre Frage. Syrene hieß sie also. Interessieren tat es ihn nicht wirklich. Zwar war sie netter als die meisten anderen, aber im Grunde erwartete er schon Beleidigungen ihrer seits. Unbekannt war er ganz gewiss nicht...

Er war wohl nicht sonderlich gesprächig... "Ist es dir lieber, wenn ich wieder gehe?", fragte Syrene nach ein paar Sekunden Stille. Dann würde sie natürlich gehen, aber irgendwie mochte sie seine wortkarge Art. Und vermutlich war er auch ganz nett, wenn man ihn erst einmal besser kennen gelernt hatte... Syrene war eben ein wenig naiv. Aber was sprach auch dagegen? Jeder Mensch hatte etwas gutes in sich, und Punkt aus.

Hm, war es ihm lieber? Zum einen ja. Konnte er noch etwas hier liegen und dann losgehen, sich gleich wieder etwas zu brechen. Zum anderen nein. So hatte er die Chance, mal mit jemanden zu reden. Jemand, der ihn offenbar nicht gleich fertig machte... Schließlich schüttelte er leicht mit dem Kopf. Sie sollte bleiben, wenn sie wollte. Leise seufzend ließ er sich wieder nach hinten ins Bett sinken. Das hier war bequemer als sein eigenes... Noch ein Grund mehr, lieber hier Dauergast zu sein.

Syrene lächelte wieder. "Du bist nicht sonderlich gesprächig, oder?", fragte sie, wieder nach ein paar Sekunden stille. Gut, Thalis war etwas seltsam, aber auch nicht schlimmer als Syrene selbst. Sie lernte auch den ganzen tag, wenn sie konnte. Und wenn er sich eben als eine Art Wolf bezeichnete, dann war das so. Ganz, wie es ihm gefiel... Das war kein Grund, ihn fertigzumachen.

"Wozu auch? Redet ja sonst kaum einer mit mir..." murmelte er als Antwort. Jap, wieso da gesprächig sein? Sollte er sich selber zuquatschen? Nein, das brachte einfach nichts. Da konnte er genauso gut den ganzen Tag lang schweigen und sich irgendwelche Körperteile brechen. Er drehte sich im Bett etwas, um bequemer zu liegen. Nun lag er mit dem Bauch, hatte den Kopf so gedreht, dass er leicht zu Syrene sah. Es sah vielleicht seltsam aus... Aber er war es schließlich auch.